Was ist Achtsamkeit
Achtsamkeit ist eine große Schatzkiste, die das Leben ungemein bereichern kann. Achtsamkeit beschreibt die kultivierbare Aufmerksamkeit und die Präsenz in einem Augenblick. Sie ist sehend, hörend, riechend, schmeckend und wahrnehmend. Sie entscheidet darüber wie ein Augenblick erfasst wird und somit auch über die Reaktion auf eine Situation.
Unterschied zwischen Meditation und Achtsamkeit
Die Unterscheidung zwischen Meditation oder Achtsamkeit kann nicht zur Gänze getroffen werden. Vielmehr bedingen sie sich.
Die Meditation ist, meines Erachtens, ein stiller Zustand, der aktiv herbeigeführt wird. Das Ziel hierbei ist es die Gedanken, den Geist ruhiger werden zu lassen. Bei der Vielzahl an Meditationsformen wird der Fokus oft auf ein Objekt oder die Atmung gelenkt, was eine Abkopplung von der Außenwelt und eine Hinwendung zu sich selbst zur Folge hat.
Die Übung der Achtsamkeit, und es bedarf sowohl bei der Meditation als auch der Achtsamkeit einer gewissen Praxis, liegt das Augenmerk auf dem Moment. Der Moment kann sich in alltäglichen Arbeiten oder im Familienleben spiegeln, in der Beobachtung deiner selbst und der Reaktion auf bestimmte Gegebenheiten. Zur Verankerung im Hier und Jetzt ist die Konzentration auf die Sinneswahrnehmungen – sehen, hören, riechen, schmecken, tasten – besonders wertvoll. Die Sinneswahrnehmungen haben Vorrang vor dem Denken und gerade der Geruchsinn macht es unmöglich zu denken. Dadurch entsteht die Möglichkeit des Ausstiegs aus der Fülle der angebotenen Gedanken.
Der Schatz der Achtsamkeit
Einen großen Teil des Tages verbringen wir im Autopiloten.
- Weißt du noch mit welchem Bein du heute Morgen aufgestanden bist?
- Kannst du dich noch daran erinnern, was du gestern zum Frühstück gegessen hast?
- Welchen Menschen bist du gestern begegnet?
Genau das beschreibt die Folge des Autopilots. Das Leben zieht vorbei, weil den Momenten im Alltag keine Priorität zugeschrieben wird. Es entsteht eine Art Passivität, die auch oft durch die Frage „Wo ist nur die Zeit so schnell hin“ enttarnt wird.
„Ich möchte lange Leben, damit ich noch …..“ Dieser Satz ist dir bestimmt auch schon begegnet. Der Wunsch nach einem längeren Leben. In Anbetracht des Autopiloten, der die Zeit verschlingt, könnte eine lebensverlängernde Maßnahme auch die Ausübung von Achtsamkeit sein. Das Leben im Hier und Jetzt, in jedem Moment neu, genießen.
Achtsamkeit lässt dich die Wirklichkeit erkennen
‚Im Moment leben‘ lässt einem den Moment wahrnehmen wie er ist. Was meine ich damit? Das Gehirn ist ein Wunder. Es kann während eines Gesprächs bewerten, sich eine Meinung über die Situation und das Gesagte bilden. Rasend schnell und kaum bemerkbar. Mittels Präsenz und des Einbezugs der Sinne ist dieser Bewertungsprozess dem Gehirn nicht (in diesem Ausmaß) möglich. Die Situation behält eine gewisse Bodenhaftung, eine Anbindung an die Wirklichkeit.
Vielleicht kennst du auch folgenden Vorgang: Das Gespräch ist abgeschlossen und man will noch einmal prüfen, ob es wie gewünscht verlaufen ist. Das Gespräch findet in den Gedanken noch einmal oder zwei-, dreimal statt. Man könnte auch sagen, die Situation wird zerdacht, zerkaut und das Resultat entspricht dann oft nicht mehr der ursprünglichen Gegebenheit. Auch im Replay wird dann die Wirklichkeit zu deiner Wahrheit. Das kann unschöne Nebeneffekte mit sich bringen, denn der Körper kann nicht unterscheiden, ob eine Situation gerade oder als Replay, also in deinen Gedanken, stattfindet. Die Reaktionen, z. B. Stress inklusiv der Ausschüttung des zugehörigen Hormoncocktails, entstehen in beiden Momenten. Die Präsenz, die durch die Praxis entsteht, enttarnt, was wirklich ist und kann das Replay unterbrechen und somit dem z. B. anstehende Stressempfinden verhindern.
Das Fazit: Die Achtsamkeitspraxis wirkt stressreduzierend und verbessert dadurch den allgemeinen Gesundheitszustand unter anderem auch hinsichtlich des Blutdrucks und der Stärkung des Immunsystem.
Hype oder Notwendigkeit
Meiner Meinung nach steht die Achtsamkeit derzeit zurecht im Fokus. Die vorherrschende Zeitqualität ist hektisch, verpflichtend und bietet unendliche viele Möglichkeiten. Der Geist ist für die Geschwindigkeit unserer Zeit nicht ausgelegt. Manche Menschen können gut damit umgehen, manche Menschen beginnen zu strugglen. Die Achtsamkeitspraxis, aber auch die Meditationspraxis, lassen die Wahrnehmung und die Orientierung von der Außenwelt wieder in den Menschen zurückkehren. Die Praxis nimmt die empfundene Geschwindigkeit aus dem Leben und lässt das Wesentliche in den Vordergrund rücken. Daher ist eine Praxis dahingehend, meiner Meinung nach, Hype und Notwendigkeit.
Achtsamkeit kultivieren
Achtsamkeit darf geübt werden. Die Wiederholung macht den Meister. Gut, dass Achtsamkeit überall im Alltag geübt werden kann.
Wir können Achtsamkeit kultivieren, in dem wir klein beginnen. Und zwar richtig klein, so klein, dass es uns keinerlei Mühe bereitet. Jeden Tag eine halbe Stunde Achtsamkeitsübungen machen ist definitiv so viel, dass sich dein System dagegen wehren wird. Wahrscheinlich funktioniert die Praxis eine ganze Weile durch reine Disziplin. Wobei die Frage ist, ob es dir auf lange Sicht auch noch Freude bereiten wird. Es darf ganz simpel sein.
Eine schöne Möglichkeit ist zum Beispiel einen „Anhänger“ an bereits existierende Gewohnheiten anzuhängen. Also existierende Gewohnheiten auszubauen. Zum Beispiel die Tasse Tee oder Kaffee am Morgen, um eine kleine Achtsamkeitsübung zu erweitern.
Achtsame Tassenübung
Wie trinkst du normalerweise morgens deinen Tee oder Kaffee? Wahrscheinlich zum Frühstück oder vielleicht schon am Computer oder beim Lesen der ersten Nachrichten am Handy. Also als Beiwerk zu einer anderen Tätigkeit.
Ich lade dich ein, deine Tasse Tee oder Kaffee einmal aktiv zu genießen. Genuss ist für mich ein Akt der Achtsamkeit. Lade alle Sinne ein:
- Spüre die Wärme der Tasse in deiner Hand.
- An welchem Finger spürst du die Wärme am deutlichsten?
- Rieche an deinem Getränk.
- Spüre die Tasse an deinen Lippen.
- Nehme die Wärme des Getränks in deinem Mund wahr.
- Schmecke dein Getränk. Ist es süß, frisch, bitter, schokoladig, minzig o. ä.?
- Spüre der Flüssigkeit nach, wenn sie Richtung Magen fließt.
- Beginne von vorne 😊
Wie war es für dich, deinen Tee oder Kaffee so zu gießen? Was ist dir aufgefallen? Was kannst du für dich mitnehmen? Halte deine Eindrücke gerne in deinem Journal fest und beobachte, wie sich deine Eindrücke im Laufe deiner Praxis verändern.
Viel Freude beim Erkunden.